Das Tier im Manne

In meinem Fall leider ein Schalentier…

Bevor ich überhaupt Anfange den ganzen Kram aufzuschreiben, muss ich folgendes unbedingt loswerden.

Seit ich die Diagnose bekommen habe, habe ich einiges über Menschen gelernt. Zum einen die, die sich jahrelang als Freund bezeichnen, sich, aber wenn sie von der Erkrankung hören, nicht mehr melden.

Und es gibt Menschen, ohne die wäre ich gar nicht an den heutigen Punkt gekommen. Als allererstes und am wichtigsten: Claudia! Meine süße, wunderschöne Traumfrau, ich weiß, dass Du das nicht magst, aber auch an dieser Stelle: DANKE. Denn ich weiß nicht was ich ohne Dich machen würde, Du bist immer für mich da. Je nachdem was nötig ist, baust Du mich auf oder trittst mich in den Arsch. Ermunterst mich, begleitest mich, verarztest mich und betüddelst mich. Ohne Dich würde ich nicht durchhalten! Ich liebe Dich!

Auch nicht zu vergessen: Freunde! Helmut, Uwe, Andy, Dieter, Ingo, Ralf. Ihr, und auch eure Frauen Petra, Claudia, Sabrina. Ihr alle unterstützt mich mit Worten und Taten und gebt mir immer das Gefühl, dass ich nicht alleine bin, nicht alleine Kämpfe.

Stand heute bin ich noch weit weg vom Gesund sein. Aber ich bin noch verdammt viel weiter weg vom Tod. Fuck you Sensenmann. Die Hölle, auch wenn ich ein VIP-Bändchen und Bons für Freigetränke bekomme, muss noch warten.

Los geht’s…

Die Vorgeschichte

Februar 23

Nachdem schon einige Wochen Magen/Darm Problem habe bekomme ich von meinem Hausarzt eine Überweisung zu Magenspiegelung.

28.02.23

Vorbereitung für die Magenspiegelung. Trinken Sie Abführmittel. Kotzen Sie das Ganze nicht wieder aus, was gar nicht so einfach war.

01.03.23

Einmal Koloskopie zum hier genießen, unter Vollnarkose. Der Doc meint das alles prima aussieht. Er schließt bezüglich meiner Probleme auf eine Laktose-Intoleranz. Ich bin fast so begeistert wie über eine Derby-Niederlage gegen die Bauern. Su jät hät mer jrad noch jefählt!

Jetzt gehts los…

06.03.23

Montagmorgen, wir lieben ihn doch alle, endlich dürfen wir nach dem viel zu langen Wochenende wieder in die Firma, die wir ja so vermisst haben …. (sollten Ihnen in diesem Satz sarkastische Elemente aufgefallen sein, dann darf jeder Leser damit machen, was er will). Als Erstes läuft mir, vor der Firma, mein Kollege Jo über den Weg. Leider ist der Arme behindert, soll sagen: Er ist Arsenal-Fan. Aber anstatt dummer Witze über das 0:4 der Hammers bei Brighton zu machen, guckt er mich an und sagt: „Du siehst gelb aus!“

„Ja, ist klar, was hast Du am Wochenende gesoffen?“

Rein in die Firma. Der nächste Kollege: „Du siehst gelb aus!“ OK, jetzt kam ich ins Grübeln. Da ich mich, zugegebenermaßen auch nicht besonders Fit fühlte, meldete ich mich ab und ging zum Arzt.

Der gute Mann sah mir nur kurz in die Augen und stellte mir eine Einweisung ins Krankenhaus Frechen aus. Noch am gleichen Nachmittag habe ich dort eingecheckt, harrend der Dinge die noch so kommen mögen.

 

07.03.23

Der Arzt, im Frechener Krankenhaus hat gerade gesagt, dass sie beim CT einen Tumor, einen bösartigen Tumor in meiner Bauchspeicheldrüse gefunden haben. Anders formuliert: KREBS!

Ich habe den Arzt dann mit den Worten „Reden wir später weiter, ich muss erst mal eine rauchen gehen.“ Stehen gelassen. Die Antwort war: „Das kann ich zwar nicht gutheißen, aber ich kann es verstehen.“

Zu dem Zeitpunkt kam mir das ganze eher surreal vor. Das betrifft gar nicht mich, sondern jemand anderes, jemand, den ich nur beobachte. Dass es wirklich um mich gingt, dass ich es war, der Krebs hatte, sickerte erst nach und nach in mein Bewusstsein …

08.03.23

Am nächsten Tag wurde dann noch ein zweites CT gemacht, diesmal die Lunge. Trotz rauchen ging es der Lunge prima, und vor allem, der Tumor hatte keine Metastasen erzeugt. Danach machte man mir einen Termin im Krankenhaus Merheim. Professor S. Alleine das Lesen der Vita des guten Mannes sorgte bei mir, und Claudia, für Schnappatmung. Wenn der Mann mir nicht helfen kann, wer dann?

Ich durfte erst mal nach Hause. Claudia begrüßte mich, als sie mich abholte, mit den Worten: „Na super, ich gebe einen Europäer im Krankenhaus ab und bekomme einen Chinesen zurück.“ Und ehe jetzt irgendsoeinverfickterpoliticalcorrectnessüberallesvollpfosten glaubt er müsste auf die Barrikaden gehen, Chinesen sind nun mal gelb, basta!

Checkliste 1

CT

2

MRT

0

Operationen (unter Vollnarkose)

1

Tage im Krankenhaus

3

Merheim zum ersten

09.03.23

Termin bei Prof. S. Es war nicht der erwartete, unnahbare Halbgott in Weis, stattdessen ein Mann, der sich Zeit nahm, der Fragen beantwortete, sowohl meine als auch die von Claudia, denn mir fiel vieles nicht ein, was ich eigentlich hätte fragen sollen/wollen. So langsam war der Krebs nämlich in meinem Hirn „angekommen“. Was nicht wirklich förderlich ist, wenn man Logik erwartet. Irgendwie schien alles zu rotieren. Der Professor sagte allerdings noch nichts zur Therapie. Denn zunächst mal sollte ich ab 15.03. der gastroenterologischen Station einen Besuch abstatten, damit noch einige Untersuchungen stattfinden konnten, die weitere, bzw. genauere Erkenntnisse zum Tumor bringen sollten.

Abgesehen davon das die Tage bis zum 15.03 nicht gerade förderlich für meine Psyche waren, denn irgendwann fängt man an sich diverse Szenarien auszumalen, hatte ich keine Ahnung, was ab da auf mich zukommen sollte, denn natürlich hatte ich nach dem Gespräch mit dem Professor ein Lieblings-Szenario entwickelt, welches hieß:  Krankenhaus, aufschneiden, Tumor herausschneiden, zunähen, erholen, Leben weiterführen. Aber wie Juliane Werding schon 1975 festgestellt hat: „Wenn Du denkst, Du denkst …“ Denn genau das … aber ich greife vor.

 

15.03.23

Antreten im KH Merheim. Zunächst mal bin ich Baff. Denn im Gegensatz zu Frechen … das letzte Mal als Patient im Krankenhaus war ich mit sechs oder sieben Jahren, danach erwies ich mich als ziemlich stabil. Von daher hatte ich keine Ahnung, wie man sich als Patient fühlt. Worauf ich hinaus will: Als ich mir die Station und das Zimmer so ansah, kam ich mir vor als sei ich aus der „Jugendherberge“ Frechen in ein 5***** Hotel gezogen. Übrigens ein Eindruck, der sich in nächsten Monaten immer wieder bestätigen sollte. Ja, da steht wirklich in den nächsten Monaten, was ich zu diesem Zeitpunkt nicht im Geringsten ahnte. Wie auch immer, ich bekam meine Kanüle in den Arm, zum Blut abzapfen und zum Medikamente einfüllen. Der Doc teilte mir mit, dass am nächsten Tag dann erst mal eine Magenspiegelung und eine Endosonografie stattfinden sollte. Bei letzterem handelt es sich um eine Ultraschalluntersuchung, die von innen stattfindet. Wenn man eh schon eine Kamera im Magen hat, dann kann man durch den Schlauch ja auch gleich noch die ein paar Teile mehr hereinschieben.

16.03.23

Ohne Frühstück ab in den OP, Interview mit dem Anästhesisten und dann gabs die volle Dröhnung. Innerhalb von Sekunden ließ ich die Realität hinter mir. So schnell möchte ich im normalen Leben auch mal einschlafen. Lange Rede, kurzer Sinn: nachdem ich alles hinter mir hatte, gab es folgende Erkenntnisse: Ja, es handelt sich um Krebs, der Tumor drückt den Gallengang zu, wodurch sich die Gallenflüssigkeit zurückstaut, deshalb auch meine gesunde Gesichtsfarbe, die inzwischen mehr als offensichtlich war. So ganz nebenbei wurde ein Edelstahl-Stent eingesetzt, der den Gallengang offenhalten soll, damit die Gallenflüssigkeit ablaufen kann. So ein kleines bisschen fühle ich mich wie Arnold in Terminator. Immerhin habe ich jetzt eine Edelstahl-Body-Motivation.

Checkliste 2

CT

2

MRT

0

Operationen (unter Vollnarkose)

2

Tage im Krankenhaus

5

 

21.03.23

 MRT-Time, diesmal keine Röntgenstrahlen, sondern Radiowellen und Magnetfelder. Soweit ich das ganze verstehe ist ein CT die SD-Auflösung und das MRT ist in Full-HD. Soweit sogut sonixgut.

Denn beim MRT wurde festgestellt, dass der Stent zu eng war und sich deshalb bereits nach vier Tagen zugesetzt hat. Na, was glaubt ihr wohl, wer am nächsten Tag mal wieder auf dem OP-Tisch landete? Genau!

22.03.23

OP! Vollnarkose! Der neue Stent ist jetzt drin, diesmal einer mit einem Durchmesser von einem Zentimeter, der wird sich, laut Aussage des Stationsarztes nicht mehr zusetzen. Ach ja, eh ich es vergesse:

 

 

Checkliste 3

CT

2

MRT

1

Operationen (unter Vollnarkose)

3

Tage im Krankenhaus

10

 

Es ging erst mal wieder nach Hause. Ein paar Tage Pause. Fortsetzung folgt Anfang April.

Merheim zum zweiten

02.04.23

Antreten in Merheim. Auf dem Hinweg noch mal bei McDagobert halten und einen Querschnitt durch die Karte reinhauen. Wie sich im Nachhinein herausstellte, eine verdammt gute Idee. Denn mein „Abendessen“ im Krankenhaus bestand aus einer 1,5 Liter Kanne feinstem, von Hand gerührtem Abführmittel. Die sollen ja auch am nächsten Tag nicht in meiner Schei*e wühlen, sondern in meinen Eingeweiden. Innerlich verabschiede ich mich schon mal von diesem verfluchten Tumor-Arschloch, das mein Leben innerhalb kürzester Zeit auf den Kopf gestellt hat.

03.04.23

„Oh, hallo OP-Tisch, alter Kumpel, da bin ich wieder.“ Wobei die Vorbereitungen diesmal etwas aufwändiger sind. Eine Schmerzmittel-Pumpe, die mehr oder weniger direkt ans Rückenmark andockt. Fühlt sich nicht wirklich gut an, wenn man dasitzt und spürt, weil ohne Betäubung, wie einer mit einer langen Nadel im Rücken rumbohrt.  Langsam komme ich mir wirklich wie der Terminator vor. Dazu die üblichen Kanülen an den Armen. Immerhin muss das „Guter-Schlaf-in-Sekunden“-Mittelchen ja auch in den Körper gepumpt werden.

8, in Worten acht Stunden später machte ich dann die Augen wieder auf. Gedacht habe ich in dem Moment nur solche Sachen wie „Wer bin ich?“, „Wo bin ich?“ „Warum, zum Teufel fühlt sich mein Bauch an als sei er von rechts nach links aufgeschlitzt worden?“ Allerdings nicht sehr lange, denn der Körper fordert nach so einer Tortur einfach seinen Tribut und ich schlief auch ohne Hilfsmittel einfach bis zum nächsten Morgen weiter.

04.04.23

Da waren sie wieder, meine drei Probleme. Wer bin ich? Wo bin ich? Und wieso fühlt sich mein Bauch an, als sei er von rechts nach links aufgeschlitzt worden?

Gut, letztere Frage lässt sich ganz einfach beantworten, mein Bauch war von rechts nach links aufgeschlitzt worden.

Bei der Visite erfuhr ich dann: Tumor noch drin, Gallenblase draußen. Im Normalfall hätte ich ja einen blöden Witz gemacht bezüglich einer kleinen Verwechslung die dem Operateur unterlaufen ist. Aber zum einen war ich noch viel zu zugedröhnt und zum Zweiten kam die Erklärung gleich hinterher. Der Tumor umschließt Arterien, und wenn die verletzt worden wären, beim Rausschneiden des Tumors, die hätte man nicht mehr flicken können. Und die Gallenblase? Aufgrund der Vorgeschichte war die schlicht und ergreifend so entzündet, dass da nix mehr zu retten war. In Zukunft also möglichst alles, was sehr fettig ist und was bläht, weglassen. Jo, is‘ klar, eigentlich tendiere ich gerade dazu alles Essbare wegzulassen. Aus welchen Gründen auch immer, ich habe absolut Null Hungergefühl.

 

11.04.23

Irgendwann werden die Schmerzen im rechten Unterbauch immer schlimmer. So, dass noch nicht mal mehr die Happy-Pills oder der Schmerzkatheter am Rückenmark wirklich was bringen. Wird also mal wieder Zeit für ein paar Röntgenstrahlen. Da das CT-Gerät und ich inzwischen aber per Du sind, ist das weiter kein Problem. Ergebnis:  In der Wunde sammelt sich unterhalb der Bauchmuskulatur Wundwasser an.

Was tun? Ganz einfach meinten die Ärzte, zudröhnen und Operieren.

 

12.04.23

Und schon fand ich mich, mal wieder ohne Frühstück (OK, das ist nur ne Floskel, ich wollte eh nichts essen!) auf dem OP-Tisch wieder. Diesmal gabs ein Vakuum-Kissen in den Bauch, das über einen Schlauch mit einer Pumpe verbunden war, die besagtes Wundwasser herausholen sollte. Na ja, auf ein Loch mehr im Bauch kam es jetzt auch nicht mehr an.  Halten wir fest:

Checkliste 4

CT

3

MRT

1

Operationen (unter Vollnarkose)

5

Tage im Krankenhaus

20

 

Immer noch Merheim zum zweiten …

13.04.23

Langsam, aber sicher fängt der Zustand, in dem ich nach den Operationen bin, an mir zu gefallen. Man liegt im Bett, hat zu allem und jeden eine „Ist-mir-völlig-egal“-Einstellung und dümpelt vor sich hin.  Wozu hatte ich eigentlich Bücher und E-Book-Reader mitgenommen? Beides hatte ich noch nicht einmal angefasst. Einfach zugedröhnt im Bett liegen machte viel mehr Spaß.

14.04.23

Mein Vakuum-Kissen soll heute, je nach Zustand meiner Innereien entfernt oder kontrolliert werden. Kein Frühstück, dafür aber wieder, um mal, um es mit Tom Gerhardt zu sagen: Voll die Dröhnung!

Als ich irgendwann die Augen wieder aufmachte pumpte die Pumpe immer noch. Das Ding war also noch in meinem Bauch.

Außerdem bekam ich heute dann Besuch von der Physio-Therapeutin. Die Frau ist bestimmt ein netter Mensch, leider aber auch jemand der sich an alle Vorschriften hält.

„Setzen sie sich doch mal auf die Bettkante Herr Jansen. Nein, bloß nicht aufstehen.“

„Ähm, warum nicht?“

„Nein, das versuchen wir beim nächsten Mal.“

Handbuch auswendig gelernt?

17.04.23

Ratet mal, wer heute schon wieder kein Frühstück bekommen hat, weil er in den OP musste?

Ok, Ok, das war einfach. Und das Kissen war, wie ich einige Stunden später, noch immer im Drogenrausch, feststellte draußen. Dann hat sich das mit dem Wundwasser wohl jetzt auch erledigt.

Im Nachhinein, ist das jetzt die Stelle wo ich noch mal auf Juliane Werding und „Wenn Du denkst, Du denkst…“ hinweisen sollte.

Checkliste 4

CT

3

MRT

1

Operationen (unter Vollnarkose)

6

Tage im Krankenhaus

23

Merheim zum zweiten – Physio!

18.04.23

Heute durfte ich nicht nur auf der Bettkante sitzen, sondern mich sogar auf meine Füße stellen. OK, ich gebe zu, das war nach 14 Tagen nur herumliegen, gar nicht so einfach. Mein Kreislauf trug auch den einen oder anderen Einwand vor. Aber am Ende stand ich auf meinen eigenen Füßen, wackelte ein wenig vor mich hin und plumpste wieder auf die Bettkante.

19.04.23

Meine Physiotherapeutin hat sich in den Urlaub verabschiedet. Das traf mich natürlich ins Herz. Tieftraurig harrte ich der Dinge, die da kommen sollten. Sie kamen in Gestalt eines Zwei-Meter-Mannes, seines Zeichens Physiotherapeut. Der gute Mann kam rein, sah mich an und sagte: „Und, was hast Du drauf?“ „Keine Ahnung!“ „Ok, dann testen wir das jetzt“, er stand gut drei Meter von meinem Bett entfernt, „steh auf, komm her und schüttele mir die Hand.“

Gesagt, getan, aufstehen, rum schwanken, einen Schritt machen, rum schwanken, noch einen Schritt…

Ich kam, ohne umzufallen bei ihm an, schüttelte ihm die Hand und wir grinsten uns an. Der Mann hatte jetzt schon bei mir gewonnen. Und vor allem war es der Wendepunkt, was meine Psyche anging, ich wollte jetzt aufstehen, ich wollte mich bewegen, raus aus dem Bett und am besten auch gleich aus dem Krankenhaus.

20.04.23

Mein Physiotherapeut hat mir einen Leih-Rollator besorgt. Eine Stunde später „flitze“ ich durch die Gänge der Station. Und habe das Gefühl, dass ich mich mit jedem Schritt besser fühle.

24.04.23

Nach Hause! Endlich! Nachdem ich mich jeden Tag etwas mehr bewegt hatte, inzwischen mit meinem persönlichen Rollator, durfte ich endlich nach Hause. Die Klinik hatte mir auch schon einen Termin bei einem Frechener Onkologen gemacht. Dort sollte alles zu einer Chemo-Therapie beschlossen werden. Dabei sollte der Tumor so weit verkleinert werden, dass er wieder operabel würde.

02.05.23

Eine Woche Zuhause. Und es läuft. Das Wundwasser! Aus meine OP-Wunde. Wohlgemerkt, es tropft nicht, es läuft, ungefähr so als wenn jemand den Zapfhahn aufgelassen hat. Zitat der Arzthelferin beim Hausarzt „Das ist unglaublich, sowas habe ich noch nie gesehen.“ Der gleichen Ansicht war wohl auch der Arzt, denn der gab mir, was jetzt nicht wirklich Begeisterung bei mir auslöste, eine erneute Einweisung nach Merheim. Nach rund drei Stunden in der Notaufnahme tauchte dann endlich eine Ärztin auf, die in meine Behandlung involviert war. Kurzer Blick auf meinen Wasserfall und schon war ich wieder auf der Station, die ich schon die, gefühlt 300x abgelaufen war. Am selben Tag gabs dann auch noch eine Dosis Röntgen-Strahlen, sprich ein CT.

03.05.23

Als alter OP-Junkie war ich natürlich absolut begeistert, dass ich endlich wieder auf dem Tisch lag. Vollnarkose Nummer Sieben.  Tja, wenn man sonst keine Hobbys mehr hat. Und inzwischen war ich ja ein alter Hase, den Text des Anästhesisten konnte ich schon mitsprechen. Und, wenn ich mal weiter angeben darf, mein erstes Vakuum-Kissen im Bauch war das ja nun auch nicht.

Das einzige Problem diesmal hatte ich Schmerzen. Stunden später, als ich mit der gerade anwesenden Krankenschwester darüber gesprochen hatte, zeigte sich mal wieder, dass manche Schwestern, bei aller Hochachtung für die behandelnden Ärzte, die in Merheim wirklich einen tollen Job machen, sich besser auskennen als eben jene Ärzte. Denn die gute Frau stellt die Pumpe, nach Rücksprache mit dem Stationsarzt von 100 % Leistung auf 80 %… Nur Minuten später waren meine Schmerzen wie „Weg gepumpt“.

06.05.23

Kein Frühstück. Dafür aber mal wieder Pharmazie bis zum Einschlafen. Im OP! Kontrolle, was das Kissen so in meinem Bauch treibt. Während ich fröhlich im Drogenrausch vor mich hin schlummerte, kamen die Operateure zu der Erkenntnis: Ne Du, datt Dingen lassen wir noch ein bisschen drin. Soll noch ‘ne Runde vor sich hin vakuumisieren (Ja, liebe Rechtschreibfetischisten, mir ist bekannt, dass die Worte „datt“, „’ne“ und „vakuumisieren“ nicht im Duden stehen. Sagen wir mal, das ist die künstlerische Freiheit, die ich mir herausnehme.)

Ach ja, aus statistischen Gründen:

Checkliste 5

CT

4

MRT

1

Operationen (unter Vollnarkose)

8

Tage im Krankenhaus

34

 

08.05.23

Heute darf ich eine ganz neue Erfahrung machen. Endlich bekomme ich mal eine Vollnarkose. Ähm? Moment! Entschuldigung, aber in meinem Alter lässt einen das Gedächtnis schon mal im Stich. Also noch mal von vorne.

Heute bekomme ich dann, innerhalb der letzten zwei Monate meine NEUNTE Vollnarkose. Aber was soll ich schon dagegen sagen oder machen? Zum einen will ich das Kissen aus dem Bauch haben, da es scheinbar einen guten Job gemacht hat und der Beutel an der Pumpe kaum noch Wundflüssigkeit enthält. Aber vor allen Dingen: Wer lässt sich schon ohne Vollnarkose den Bauch aufschlitzen und in den Eingeweiden herumwühlen? Also ich bestimmt nicht.

Am Nachmittag zeigte sich, ohne Vakuum-Kissen und Pumpe, es läuft nur noch sehr wenig Wundwasser. Blöderweise läuft es nicht durch den Schlauch in den Beutel, sondern am Schlauch vorbei in die Kleidung, aufs Bett etc. Aber auch hierfür gibt es eine Lösung, Schlauch kürzen und einen Vakuumbeutel aufkleben. Und, Trara, alles läuft in den Beutel. Also alles gut.

Erwähnte ich übrigens schon mal die Sache mit Juliane Werding und ihrem Song „Wenn Du denkst, Du denkst …“?

09.05.23

Visite. Die Ärztin beschreibt dem Professor, wie sie mit dem Schlauch verfahren ist.

Der Professor sieht sich das ganze sehr interessiert an und fragt: „Ok, und wo ist der Schlauch jetzt?“

Irgendwie war es ja lustig, als der Professor und drei Ärzte gleichzeitig in Hektik ausbrachen und versuchten, mithilfe von langen, dünnen Pinzetten den Schlauch wieder aus dem Loch in meinem Bauch hervorzuholen. Das Grinsen verging mir als es nicht klappte, denn mir kam so eine dunkle Vorahnung. Machen wir es kurz, eine halbe Stunde später gab es mal wieder eine Ladung Röntgen-Strahlen. Letztere ergaben, dass die Schlauchreste quer unter dem Loch liegen. Zwei Stunden später lag ich, hatten wir das schon mal, auf dem OP-Tisch.

Nur um nicht durcheinander zu geraten und natürlich aus statistischen Gründen:

Checkliste 6

CT

5

MRT

1

Operationen (unter Vollnarkose)

10

Tage im Krankenhaus

37

 

Ist das jetzt ein Grund zum Feiern? Weil ich zweistellig bin? Komme ich jetzt ins Guinness-Buch? In dem Moment wusste ich wirklich nicht, ob ich, über die Absurdität der Situation lachen sollte, oder stattdessen Kotzen.

15.05.23

Nach Hause, endlich! Bei der Morgen-Visite sagte der Prof.: „Sieht doch sehr gut und vor allem trocken aus. Dann können sie ja Morgen oder Übermorgen Nachhause.“ Er ließ sich überzeugen, dass SOFORT, meiner Ansicht nach, die beste Möglichkeit war. Ein Krankentransport ließ sich schnell durch die Stationsschwester organisieren, cooler Fahrer übrigens, Daumen hoch für das Unternehmen „Rollis op Jöck“ und schon war ich wieder Zuhause. Bellende, begeisterte Hunde begrüßten mich, was mir, ehrlich gesagt, Tränen in die Augen trieb. Ein so geiles Gefühl.

 

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Onkologie

23.05.23

Nachdem ich acht Tage vor mich hingedümpelt bin und nicht wirklich das Gefühl hatte, dass es mir besser geht, hat mein Hausarzt heute die Klammern gezogen. Was soll ich sagen? Das Ganze dauerte nur ein paar Minuten und sorgte dafür, dass ich mich auf einen Schlag um Längen besser fühlte. Mir ist durchaus bewusst, dass bei so etwas auch die Psyche eine große Rolle spielt. Was mir, in dem Moment wirklich völlig egal war. Plötzlich konnte ich mich auch ohne Rollator wieder fortbewegen, ich wollte wieder mit Claudia und den Hunden spazieren gehen. Ich wollte Leben.

30.05.23

Termin beim Onkologen. Ein Termin, den ich eigentlich schon vor fast vier Wochen haben sollte, der aber Dank Wundwasser Überproduktion meinerseits ein wenig verschoben wurde. Vorgespräch zur Chemo-Therapie. Nachdem sich der Doc meine Laborwerte, aus dem Krankenhaus angesehen hatte, entschied er, dass ich nur die zweitheftigste Dröhnung bekomme. Die hat nur wenig Nebenwirkungen. Haarausfall, Übelkeit, eventuell Nervenschäden, spontane Selbstentzündung und noch ein paar andere, weniger lustige Sachen. Blut wurde mir auch mal wieder abgezapft. Vielen Dank übrigens an meinen Körper das er fleißig Blut produziert, den ansonsten hätte ich inzwischen keins mehr.

01.06.23

Der Doc hat mich heute angerufen. Nachdem mein Blut ausgewertet war, ergaben die neuen Laborwerte das ich doch die stärkste Dröhnung bekomme. Vorteil: kein Haarausfall. Haken an der Sache: Nix Kanüle im Arm, sondern ich bekomme einen sogenannten Port gesetzt. Ein unter der Haut liegender Zugang, festgenäht auf einem Muskel, von dem ein Schlauch direkt in eine Arterie geht. Das hat den Vorteil (Haha!), dass man mir größere Mengen Chemie in kürzerer Zeit in den Körper pumpen kann. Laut dem Doc alles ganz easy, ein ambulanter Eingriff. Und einen Termin zum üblichen Vorgespräch in Merheim hatte er mir auch schon gemacht.

Hasta la vista Baby

07.06.23

Auf nach Merheim, war ja lange nicht mehr da. Das übliche, Blutabnehmen, auf Keime testen, erfahren das Merheim keine ambulanten Eingriffe macht. Na Super, läuft ja wieder alles nach Plan.

Der Ärztin habe ich dann gaaaaanz langsam und höflich erklärt, dass ich absolut NULL BOCK habe für einen Eingriff, der auch ambulant gemacht werden kann übers Wochenende zu bleiben, denn der Termin für den Eingriff war der 09.06. ein Freitag, also hätte ich erst am Montag wieder nach Hause gekonnt. Sie hatte dann aber zum Glück ein Einsehen und hat ein paar Telefonate geführt. Ergebnis war, dass ich, wenn ich mich nach dem Eingriff, ausnahmsweise mal ohne Vollnarkose, gut fühle, darf ich nach Hause gehen. Damit war dann für mich klar, dass genau das passieren wird.

09.06.23

Wie bestellt, stehe ich um 07.30 Uhr auf der Matte der Station. Leider holt mich niemand ab. Nachdem ich dann zwei Stunden mit dem Handy gespielt habe, mein Frust-Level kurz vom Überkochen war, passierte dann doch etwas. Ab da ging es ganz schnell. Aufs Zimmer, umziehen und schon steht der Patienten-Begleit-Service in der Tür. Also brav hinlegen und in den OP schieben lassen. Interessant! So sieht das hier also aus. Zum ersten Mal lag ich nicht in einem traumlosen Schlaf als man mich in den OP bringt. So, jetzt noch ne halbe Stunde herumliegen, merken das irgendwas an meiner Schulter passiert und schon bin ich fertig. Mein zweites Cyber-Bauteil, langsam fühle ich mich wirklich wie Arnold als Termintor. Vielleicht beende ich deshalb jetzt jeden zweiten Satz mit „Hasta la vista Baby“ oder „I’ll be back“.

Zurück aufs Zimmer anziehen und raus hier. Breit grinsend machte ich mich auf den Weg zu Bahn. Kaum wieder in Frechen klingelt mein Smartphone. Die onkologische Praxis gibt mir meinen ersten Termin durch. Montag, den 12.06.! Was kommt da wohl auf mich zu?

Chemotherapie (Part 1)

12.06.23

Ein kleiner Piks und schon steckt der Schlauch in meinem Port. Am Ständer neben mir hängen diverse Beutel. Eine Tablette darf ich auch noch schlucken. Weitere Tabletten hat man mir bereits in die Hand gedrückt, u.a. gegen Übelkeit. Die Beutel laufen so vor sich hin … in mich hinein und langsam aber sicher merke ich, dass ich mich im Kopf so fühle, als hätte ich sechs oder sieben Flaschen Kölsch intus. Da ich allerdings seit inzwischen vier Monaten kein Bier mehr getrunken habe, bleiben nur noch die Medikamente, die man mir gerade verabreicht. Als dann alles durchgelaufen war, nach ca. dreieinhalb Stunden, kam aber erst der Höhepunkt des Ganzen.  Blöderweise hatte man versäumt, mich darauf hinzuweisen. Denn der Schlauch wurde nicht etwa entfernt. Da hängen wir jetzt eine Pumpe dran, damit sie auch zu Hause noch ein bisschen was von der Dröhnung haben. Eine verdammte Pumpe, die bis Mittwochvormittag an mir hing und alle drei Minuten vor sich hin brummte. Vor allem Claudia wird begeistert sein, die eh keinen tiefen Schlaf hat.

Zu Hause, am Kühlschrank, machte sich dann auch eine Nebenwirkung bemerkbar. Faste ich etwas Kaltes an, begannen meine Finger zu kribbeln. So als ob die Finger eingeschlafen wären und das Blut jetzt langsam wieder an zu fliesen fängt. Ok, kann ich mit leben, allerdings machte sich das Ganze auch bemerkbar, wenn ich etwas Kaltes trinken wollte, dann halt im Mund. Eigentlich am ganzen Körper, wenn ich mit Kälte in Berührung kam. Zum Glück hielt das ganze immer nur zwei Tage an und verschwand dann langsam.

Vom Rest des Tages habe ich nicht wirklich viel mitbekommen. Ebenso wenig wie vom Dienstag. Eigentlich war die ganze Zeit nur schlafen angesagt. Oder auf der Couch liegen.

14.06.23

Die Pumpe ist weg. Endlich. Und von jetzt auf gleich geht es mir körperlich besser. Was natürlich Quatsch ist, die Chemie arbeitet ja immer noch in meinem Körper. Wie ich schon sagte: Der Kopf spielt eine große Rolle. Auf jeden Fall fühlte ich mich besser. Und so sollte es mir ab jetzt bei jedem Abgeben der Pumpe gehen.

15.06.23

Schon wieder beim Onkologen. Eine Spritze geben lassen, die dem Körper hilft, rote Blutkörperchen zu bilden. Denn deren Produktion wird von der Chemo ebenfalls gehemmt. Eigentlich sollte ich mir die Spritze selber geben. So fürs erste Mal lasse ich mir das aber doch lieber von einem Profi machen.

Im Nachhinein muss ich zugeben, dass es wirklich Narrensicher gemacht ist. Einfach in den Bauch, ins subkutane Fettgewebe (Habe ich sowas noch? Nach 40 kg Gewichtsverlust! Ja, da ist noch was!)  rammen, drücken, loslassen und schon verschwindet die Nadel in der Spritze, danach kann man das Teil dann im Hausmüll entsorgen. Seitdem gebe ich mir die Spritze selber. Auch wenn ich zugeben muss, dass es immer noch Überwindung kostet, die Spritze in den Bauch zu rammen. Aber man gewöhnt sich an alles.

26.06.23/10.07.23/24.07.23

Immer wieder montags kommt die Chemie, samt ihrer Nebenwirkungen (s.o.)

Das einzig Positive, was mir einfällt: Die onkologische Praxis, egal ob Ärzte oder Mitarbeiter hat genauso eine Eins Plus mit Sternchen verdient wie das KH Merheim. Man hat immer das Gefühl, dass man den Leuten wichtig ist, und nicht nur eine Nummer. Danke dafür.

 

Es wird, mal wieder, gestrahlt …

01.08.23

Da die Chemo zur Hälfte durch ist, geht es heute zum Kontroll-CT. Röntgen-Strahlen hatte ich ja lange keine mehr. Was mir ein wenig Sorgen bereitet, Röntgen-Strahlen können Krebs erzeugen, den könnte ich in meiner Situation nun wirklich nicht brauchen. Kicher!

Das CT ergab das der Tumor sich nicht verkleinert hat. Sagen wir mal, begeistert war ich nicht. Aber der Radiologe meinte, dass es schon ein Erfolg ist, wenn der Tumor sich nicht vergrößert hat. Und Metastasen sind immer noch keine zu sehen.

 

 

Checkliste 7

CT

6

MRT

1

Operationen (unter Vollnarkose)

10

Tage im Krankenhaus

43

Back to life

Cologne Hammers

05.08.23

Das Leben hat mich wieder, zumindest für ein paar Stunden. Obwohl der FC heute Saisoneröffnung hat, samt Testspiel gegen Nantes, mache ich mich mit den Cologne Hammers auf den Weg nach Pillendreher-City, wo heute die Hammers zum Testspiel antreten. Selbst ein paar Bier schmecken mir heute. Dazu kommt noch, ich habe einige korrekte Jungs aus ganz Deutschland kennengelernt.  Elf Stunden später bin ich wieder Zuhause, völlig platt, aber gutgelaunt. Danke Jungs, ihr habt mir geholfen mich wenigstens zeitweise normal zu fühlen.

Back to reality

07.08.23

Nach dem Leben hat mich der Alltag wieder. An meinem Geburtstag sitze ich bei der Chemo. Also mir fallen, ohne zu überlegen, mindestens 1948 Dinge ein, die ich lieber machen würde. Aber was bleibt mir, realistisch betrachtet, übrig. Nach der Chemo noch ein Gespräch mit dem Onkologen. Er bestätigt mir, nach Ansicht der Bilder das, was der Radiologe auch schon sagte.  Wenn auch nach der zweiten Hälfte noch keine Tumor-Verkleinerung erkennbar ist, machen wir mit Bestrahlung weiter. Sechs Wochen lang wird der Tumor dann mit Photonen-Strahlen beschossen. Bevor das ganze losgeht werden noch, Achtung, mehrere CT gemacht. Was solls, auf die paar Röntgenstrahlen kommt es jetzt auch nicht mehr an. Lassen wir uns überraschen, auch wenn mir als alter Science-Fiction Leser beim Gedanken an Photonen-Strahlen nicht so ganz wohl ist. Immerhin wurden die schon in der 60ern als Waffe von der Crew der Enterprise eingesetzt.

20.08.23

Hier sitze ich und kann nicht anders. Während der letzten Tage habe ich diesen Text in die Tastatur gehämmert. Morgen geht es wieder zu Chemo. Schauen wir mal, was am Ende dabei herauskommt. Eines allerdings ist klar, aufgeben ist nach wie vor keine Option.

Keep on Fighting!

Never surrender!

Zumindest meiner subjektiven Meinung nach.

In diesem Sinne.

Dieter

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